Güterichterverhandlung - gerichtsinterne konsensuale Konfliktlösung
Ziel des Güterichterverfahrens ist es, Verfahren, die bei Gericht bereits anhängig sind, statt durch Urteil durch eine von den Parteien selbst erarbeitete Lösung beizulegen. Besonders Konflikte, die tiefer liegen und schon lange schwelen, die vor Gericht bis zur letzten Instanz durchgekämpft werden und für die letztlich doch keine dauerhafte Lösung gefunden wird, sind für eine Güterichterverhandlung geeignet. Anders als oftmals bei einem Urteil kann es für die Parteien leichter sein, wieder aufeinander zuzugehen, wenn sie eine gemeinsame Lösung gefunden haben. Der Blick wird von der Vergangenheit („was ist schief gelaufen?“) auf die Zukunft gerichtet („welche Lösung entspricht am besten unseren Interessen?“).
Speziell ausgebildete Güterichterinnen und Güterichter bieten an den Thüringer Gerichten (Ordentliche Gerichtsbarkeit, Fachgerichtsbarkeiten) seit mehreren Jahren erfolgreich konsensuale Konfliktlösungsmethoden an. Sie setzen sich mit den Parteien an einen Tisch und helfen ihnen, einvernehmliche Lösungen zu entwickeln.
Besonders geeignete Bereiche sind erbrechtliche und familienrechtliche Streitigkeiten, Konflikte zwischen Nachbarn oder Geschäftspartnern, Streitigkeiten in Gesellschaften oder Eigentümergemeinschaften, Vergütungsstreitigkeiten aus Kauf- oder Werkverträgen, Bausachen, Miete, Pacht, Grundstücksübertragungen. Im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit wird die Güterrichterverhandlung am häufigsten bei strittigen Fragen zur Kündigung und Vergütung in Anspruch genommen.
Thüringer Güterichterverfahren zeichnet sich durch Methodenvielfalt aus
Wodurch unterscheidet sich das Güterichterverfahren von einer normalen Vergleichsverhandlung?
Die Parteien erarbeiten die Lösung unter Leitung eines nicht zur streitigen Entscheidung berufenen Richters selbst, indem sie ihre beiderseitigen Interessen klären, den Blick von der rechtlichen Beurteilung weg auf kreative, zukunftsorientierte Gestaltungen richten und eine Vereinbarung treffen, die für beide Seiten ein optimales Ergebnis darstellt (sog. win-win-Lösung).
Anders als beim Vergleichsgespräch vor dem zur Entscheidung berufenen Richter wird der Rechtsstreit demnach nicht juristisch voll aufgearbeitet.
Der Güterichter unterstützt lediglich die Bemühungen der Parteien und Anwälte, eine für alle zufriedenstellende, umfassende Lösung zu entwickeln. Die Rechtsanwälte treten beratend auf, nicht vertretend.
Kommt es beim Güterichter nicht zu einer Einigung, wird die Sache an den Prozessrichter zurückverwiesen. Der Güterichter entscheidet in der Sache nicht und wahrt die Vertraulichkeit. Dies führt zu einer größeren Offenheit der Parteien in dem Gütegespräch, da keine Erkenntnisse in eine mögliche Urteilsfindung einfließen können.
Erfahrungen mit dem Güterichterverfahren seit 2009
Um die einvernehmliche Konfliktlösung weiter zu fördern und eine neue Streitkultur zu etablieren, hob das Justizministerium im Jahr 2009 das Modellprojekt Güterichter zur sogenannten „gerichtsinternen Mediation“ aus der Taufe.
Dessen Konzept fand im Juli 2012 Eingang in § 278 Abs. 5 der Zivilprozessordnung.
Die Evaluierung des Güterichterprojekts in Thüringen ergab:
Weitere Schlichtungsmethode
Ablauf einer Güterichterverhandlung
Download
Die Grafik soll den Ablauf einer Güterichterverhandlung verdeutlichen. Wenn Sie noch weitere Fragen dazu haben, helfen Ihnen unsere Güterichter/innen gerne weiter.