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Entschädigungsfonds NSU

Beschluss des Landtages

Der Thüringer Landtag hat in seiner 96. Sitzung am 29. September 2017 folgenden Beschluss gefasst:

„I.    Der Landtag stellt fest:

  1. Der rechtsterroristische Nationalsozialistische Untergrund (NSU) ermordete
    Enver Şimşek
    Abdurrahim Özüdoğru
    Süleyman Taşköprü
    Habil Kılıç
    Mehmet Turgut
    İsmail Yaşar
    Θεόδωρος Βουλγαρίδης (Theodoros Boulgarides)
    Mehmet Kubaşık
    Halit Yozgat
    Michèle Kiesewetter
    aus rassistischer und extrem rechter Motivation heraus. Darüber hinaus wurden mehrere Menschen durch die Bombenanschläge der rechtsterroristischen Gruppe NSU in einem Nürnberger Lokal in der Südstadt, auf der Keupstraße und der Probsteigasse in Köln teils lebensgefährlich verletzt. Weitere zum Teil schwerverletzte Opfer gab es bei den Raubüberfällen.
     
  2. Nach den festgestellten Ergebnissen des Untersuchungsausschusses 5/1 des Thüringer Landtags haben die Sicherheitsbehörden des Landes bei der Fahndung nach den flüchtigen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe versagt. Die Zu­sammenarbeit zwischen dem damaligen Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz und Thüringer Landeskriminalamt war von Ri­valität und gegenseitigem Misstrauen geprägt, wodurch eine erfolgreiche Ermittlungsarbeit verhindert wurde. Durch dieses Fehlverhalten wurde die Gruppe nicht frühzeitig gestoppt, sondern konnte über einen langen Zeitraum hinweg ihre Taten begehen.
     
  3. Der Landtag bekennt sich zu seiner politischen Verantwortung ge­genüber den Opfern, Angehörigen und Geschädigten der rechtsterroristischen Morde, Anschläge und Raubüberfälle des NSU.

II.    Der Landtag bittet die Landesregierung,

  1. einen Entschädigungsfonds für die Opfer, Angehörigen und Geschädigten der Taten des NSU einzurichten und dem Landtag hierüber zu berichten,
     
  2. Rahmenbedingungen für ein unbürokratisches Verfahren für eine zeitnahe Auszahlung der Entschädigungsleistung zu schaffen.

III.   Der Landtag wird im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 Mittel für den Opferentschädigungsfonds in angemessener Höhe sicherstellen.“

Der Landeshaushaltsplan des Freistaats Thüringen sieht für den Opferentschädigungsfonds im Jahr 2018 Geldmittel in Höhe von 1.500.000,00 EUR vor.

Die in dem Beschluss genannten Rahmenbedingungen für das Verfahren zur Auszahlung der Entschädigungsleistungen ergeben sich aus den Durchführungsbestimmungen zum Entschädigungsfonds für die Opfer und Betroffenen von Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds.

Wesentlicher Inhalt dieser Bestimmungen

  • Die Durchführungsbestimmungen unterscheiden zwischen
    -      Leistungen an Angehörige von Mordopfern (Nummer 4.),
    -      Leistungen an verletzte Personen (Nummer 5.) und
    -      Leistungen für Härtefälle (Nummer 6.) zur ergänzenden Entschädigung der nach Nummer 4. und 5. leistungsberechtigten Personen.

    Leistungen an Angehörige von Mordopfern

    Angehörige der im Beschluss des Thüringer Landtags genannten Mordopfer erhalten je Mordfall 100.000,00 EUR. Diese Summe wird für jeden Mordfall an die leistungsberechtigten Angehörigen  ausgezahlt und – soweit es sich um mehrere Personen handelt – durch Teilzahlungen an mehrere Personen überwiesen.

    Der Ehegatte und Kinder der Ermordeten sind vor den übrigen Angehörigen zur Leistung berechtigt. Grundsätzlich erhalten der Ehegatte die eine Hälfte, das Kind oder die Kinder die andere Hälfte der Gesamtsumme. Die gesamte Summe wird an das Kind oder die Kinder geleistet, wenn der Ermordete im Zeitpunkt seines Todes nicht verheiratet war. Zwischen mehreren Kindern wird in gleicher Höhe geteilt. Wenn der Ermordete zur Tatzeit nicht verheiratet war und auch keine Kinder hinterlassen hat, erhalten seine Eltern jeweils die Hälfte der Gesamtsumme.

    Die weiteren Einzelheiten zu Leistungen an Angehörige von Mordopfern ergeben sich aus Nummer 4. der Durchführungsbestimmungen.

    Leistungen an verletzte Personen

    Die durch weitere in dem Beschluss genannte Straftaten (neben den Morden) verletzten Personen erhalten je nach Schwere ihrer Verletzungen 20.000,- EUR, 10.000,- EUR oder 3.000,- EUR. Bei diesen Straftaten handelt es sich um die Bombenanschläge in einem Lokal in der Nürnberger Südstadt, auf der Keupstraße und in der Probsteigasse in Köln sowie um die dem Nationalsozialistischen Untergrund zugeschriebenen Raubüberfälle.

    Als Verletzte/r entschädigt wird nur, wer unmittelbar durch eine solche Tat verletzt worden ist. Wer zum Beispiel nicht selbst am Tatort anwesend war und als Folge der der Verletzung einer nahestehenden Person oder der Beschädigung seines Eigentums mittelbar einen Schock oder sonstige Folgen erlitten hat, erhält keine Leistungen aus dem Entschädigungsfonds.

    Die übrigen Einzelheiten zu Leistungen an verletzte Personen ergeben sich aus Nummer 5. der Durchführungsbestimmungen.

    Leistungen für Härtefälle

    Erläuterungen zu weiteren Leistungen in Härtefällen (Nummer 6. der Durchführungsbestimmungen) folgen im weiteren Text.

  • Leistungen an Angehörige von Mordopfern und Leistungen an verletzte Personen werden auf Antrag der leistungsberechtigten Person gewährt. Der Antrag ist in Textform (z. B. schriftlich oder elektronisch) zu stellen. Er kann auch durch eine Vertreterin oder einen Vertreter der leistungsberechtigten Person gestellt werden.

    Der Antrag ist bis spätestens 4. Oktober 2018 an das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz (im weiteren Text: „Ministerium“) zu übermitteln. Nach Ablauf dieser Frist eingegangene Anträge können nicht mehr berücksichtigt werden. Über fristgemäß eingegangene Anträge soll das Ministerium möglichst bis 30. November 2018 entscheiden.

    Zur Erleichterung soll bei der Antragstellung ein auf der Homepage des Ministeriums bereitgestelltes Antragsformular genutzt werden. Am Inhalt des Formulars erkennen Sie, welche Angaben zur Bearbeitung Ihres Antrags erforderlich sind. Die Verwendung dieses Formulars ist nicht verpflichtend. Selbstverständlich werden auch andere Anträge in Textform angenommen.

    Dem Antrag sollen Nachweise zur Bestätigung der Angaben im Antrag beigefügt werden. Solche Nachweise sind zum Beispiel

    • Urkunden über die Eheschließung beziehungsweise die Abstammung der antragstellenden Person (bei Anträgen auf Leistungen an Angehörige von Mordopfern) und
    • ärztliche Bescheinigungen über erlittene Verletzungen (bei Anträgen auf Leistungen an verletzte Personen).

    Im Regelfall genügt für den Nachweis die Einreichung von Kopien oder eingescannten Unterlagen. Wenn Sie sich unsicher darüber sind, welche Nachweise vorzulegen sind, können Sie Kontakt mit den unten genannten Ansprechpartnern aufnehmen.

    Die Bearbeitung der Anträge soll möglichst schnell und unbürokratisch erfolgen. Dies wird erleichtert, wenn das Ministerium Stellungnahmen oder Auskünfte zu den Anträgen einholen kann, um die Prüfung der Leistungsvoraussetzungen zu vereinfachen (zum Beispiel eine Auskunft des Bundesamts für Justiz über eine Entscheidung zur Gewährung von Härteleistungen an die antragstellende Person).

    Für die Einholung solcher Stellungnahmen und Auskünfte ist es notwendig, dass die antragstellende Person mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung ihrer personenbezogenen Daten einverstanden ist und eine entsprechende Einwilligung erteilt. Deswegen sieht das Antragsformular die Möglichkeit der Erteilung einer Einwilligung vor. Die antragstellende Person kann selbst entscheiden, ob sie eine Einwilligung zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung Ihrer personenbezogenen Daten erteilt. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht. Wenn aber die Einwilligung nicht erteilt wird und als Folge die Leistungsvoraussetzungen nicht festgestellt werden können, geht dies zu Lasten der antragstellenden Person.

    Die Einzelheiten zum Verfahren ergeben sich aus den Nummern 5. und 7. der Durchführungsbestimmungen.

  • Zusätzlich zu den oben genannten Zahlungen an Angehörige von Mordopfern und an verletzte Personen können noch Leistungen zur ergänzenden Entschädigung von Härtefällen gewährt werden. Dies betrifft diejenigen Fälle, in denen die bereits erwähnten Zahlungen für Angehörige oder verletzte Personen wegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht ausreichend sind.

    Leistungen für Härtefälle werden durch den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin e. V., Brandenburgische Straße 80, 10713 Berlin (Vorstandsvorsitzende: Frau Prof. Barbara John) gewährt.

    Die Höhe der für Härtefälle zur Verfügung stehenden Geldmittel wird erst feststehen, wenn das Ministerium über alle Anträge auf Leistungen an Angehörige und verletzte Personen entschieden hat. Leistungen für Härtefälle werden daher voraussichtlich nicht vor 2019 gewährt werden können.

    Weitere Auskünfte zu diesem Thema erhalten Sie von dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin e. V. bzw. von Frau Prof. Barbara John (siehe unten).

Blatt Papier mit Informationen zur NSU-Opferentschädigung und ein grüner Ordner mit Aufschrift

Ansprechpartner

Das Ministerium erteilt Ihnen gerne ergänzende Auskünfte, unterstützt Sie im Rahmen seiner Möglichkeiten bei der Antragstellung oder vermittelt Ihnen eine entsprechende Unterstützung. Als Ansprechpartner stehen Ihnen zur Verfügung:

Herr Heinz
Tel.: 0361 573511246
E-Mail: juergen.heinz@tmmjv.thueringen.de

Herr Bodenburg
Tel.: 0361 573511275
E-Mail: eberhard.bodenburg@tmmjv.thueringen.de


Postanschrift:
Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz
Postfach 90 04 62
99107 Erfurt

Darüber hinaus können Sie sich jederzeit an die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer und die Opferangehörigen der sogenannten Zwickauer Zelle, Frau Prof. Barbara John, wenden. Sie ist wie folgt erreichbar:

Prof. Barbara John
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Berlin e. V.
Brandenburgische Straße 80
10713 Berlin
Tel.:      030 86001182
              0170 5641424
E-Mail: john@paritaet-berlin.de

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